Neu und kalt, aber schön
Das diesjährige Pfingstlager der Messdiener St. Johann führte in das kleine Dorf Bonenburg bei Warburg, genauer gesagt auf den Zeltplatz Abenteuerland. Schön gelegen, am Ende des kleinen Dorfes. Weit ab von jeglicher Zivilisation, die auch nur ansatzweise mit unserer schönen Stadt zu vergleichen wäre. Landschaftlich schön und im Vergleich sehr ruhig. Naja, zumindest so lange alle Kinder schliefen.
Ich weiß nicht genau, wie es bei den anderen Leitern war, aber ich war mindestens genauso aufgeregt wie die Kinder. War es doch das erste Pfingstlager, das wir als Team, weit ab von unserem zu Hause, komplett alleine auf die Beine gestellt haben. Nachdem wir im letzten Jahr am Jugendheim St. Johann geblieben waren, um ein wenig Erfahrung zu sammeln, wollten wir dieses Jahr raus. Raus aus der Stadt und weg von dem, was alle kannten.
Freitags ging es los, ein schöner Tag. Es war warm, die Sonne schien, und es war keine Wolke am Himmel. Die Zeichen standen gut. Mit zwei vollgeladenen Bullis, einem Pkw und einem Anhänger, die nicht weniger voll waren, ging es los, 16 Kinder und sieben Leiter. Die Stimmung war gut und das blieb sie auch. Doch die Fahrt, die normalerweise anderthalb Stunden dauert, dauerte dieses Mal knappe drei Stunden. Den Kindern machte das nichts, und auch wir Leiter kamen recht gut damit klar, bewegten wir uns zwar langsam, aber doch stetig über die Autobahn zu unserem Ziel. In jedem Auto haben sich die Insassen anders beschäftigt. Ich zum Beispiel habe viele interessante Lieder gelernt und saß damit wahrscheinlich im musikalischsten Auto. Bei den anderen wurden Spiele gespielt oder das ein oder andere Hörspiel gehört.
Endlich angekommen ging es vorbei an riesigen Reisebussen, die Unmengen von Pfadfindern ausluden und natürlich vollkommen im Weg parkten. Als der Weg dann endlich frei war, konnten wir unsere Fahrzeuge direkt bei unseren Zelten parken. Das war hilfreich, konnten wir doch so alles direkt vor Ort ausladen. Nachdem alles ausgeladen war und die Zelte standen, gab es endlich etwas zu essen, und nach einer kurzen Abendrunde war der Tag auch schon fast vorbei. So weit, so gut. Alle waren glücklich.
Doch dann passierte es, etwas mit dem wir alle nicht gerechnet haben. Dass es so kalt werden würde, damit hatten wir nicht gerechnet. Temperaturen wie man sie nur am Nordpol erwarten würde zogen in das kleine Tal. Kälte so kalt, dass man seinen Atem sehen konnte und glaubte dass dieser jeden Moment gefrieren würde. Ein Kind wurde zu Beginn noch gefragt, warum es einen Schlafsack für Winter und Schnee mitgenommen hatte. Aber spätestens nach dieser Nacht war allen klar warum.
Der nächste Morgen begann unfreiwillig früh. Ich weiß nicht was Pfadfinder im Zeltlager machen oder ob diese einfach keinen Schlaf brauchen. Aber eins weiß ich ganz sicher: Schreiende Pfadfinder, die um kurz vor sechs an einem Samstagmorgen an unseren Zelten vorbeirennen, können einfach nicht normal sein. Was beeindruckend war: Die Kinder kamen aus dem Zelt und waren relativ fit, während wir Leiter erst nach einer heißen Dusche und mehreren Tassen Kaffee so richtig wach und bereit waren. Ich glaube, dass die Kinder froh waren, dass sie das Gelände ein bisschen allein erkunden durften, während wir das Frühstück vorbereiteten. Geheime Wege wurden erkundet, der Kletterparcours bis in den letzten Winkel untersucht, das Baumhaus besetzt und das Piratenschiff geentert. Nach dem Frühstück ging es dann richtig los. Viele Spiele wurden gespielt, Brennball, Völkerball, Dosenwerfen, Wikingerschach und vieles mehr. Bei dem guten Wetter konnten wir vieles machen.
Ein paar von uns Leitern machten sich auf den Weg zum Einkaufen, während die anderen die Kinder auf Trab hielten. Ich glaube, einen so großen Einkauf haben die Menschen in dem Nachbardorf, das offiziell sogar eine Stadt ist, nur selten gesehen. Grinsend musste ich immer wieder erklären, warum wir so viel zu essen brauchten. Das Wetter war noch immer gut. Als es regnete, zogen wir uns einfach in unsere kleine Küche zurück, und es entstanden kunstvolle Lagerfahnen. Ein Problem gab es aber doch und zwar das Dach. Irgendwann regnete es in unsere Küche hinein. Durch unzählige kleine Löcher tropfte es, mit mehr oder weniger großen Tropfen. Als der Regen stärker wurde, wurde leider auch das Tropfen stärker. Sinnflutartige Wassermassen mussten aufgehalten werden. Eine Sache, die wir alle nicht so lustig fanden, hatten wir doch unzählige elektrische Geräte an diversen Steckdosen verteilt. Aber auch dies bekamen wir in den Griff.
Gegen Abend mussten wir dann mit einem Kind, nach einem kleinen Sportunfall am Nachmittag, ins Krankenhaus. Zum Glück ist nichts Schlimmes passiert und wir konnten nach einem zweieinhalbstündigen Auf- enthalt, der primär aus Warten bestand, wieder zurück zum Lager. Die zweite Nacht war mindestens genau so kalt wie die erste, aber jetzt regnete es auch noch. Reservedecken und Schlafsäcke, die wir vorsichtshalber gekauft hatten, wurden verteilt und die Kinder nutzten die Zeit um ihre Handys und DS-Akkus zu entleeren. Der nächste Tag begann wieder mit einem gemeinsamen Frühstück in unserer Küche. Es gab alles, Tee, Kaffee, Müsli, Marmelade, Nutella und vieles mehr, sogar warme Aufbackbrötchen. Es war eher Glamping als Camping. Mit wirklich rustikalen Lagern nicht zu vergleichen.
Eine Frage zum Nachdenken für zwischendurch: Was macht man eigentlich mit Teilnehmern, die eine halbe Stunde zu spät zum Frühstück kommen? Wir haben lange darüber nachgedacht und die interessantesten Vorschläge wurden diskutiert. Aber da wir ja auch unserem pädagogischen und sportlichen Auftrag nachkommen wollten, haben wir uns für etwas “Sinnvolles” entschieden. Wir gaben ihnen die Wahl, entweder den Spüldienst zu übernehmen oder pro verspäteter Minute zwei Liegestütz in perfekter Form vollbringen. Wir dachten, dass die Wahl ganz simpel ist und man natürlich den Spüldienst wählt, wer will schon freiwillig 60+ Liegestütz abarbeiten. Aber wir irrten uns. Denn eine gewisse Person zog es vor, Sport zu machen, aber ich glaube, dass er dies recht schnell bereute.
Der nächste Tag brachte Regen und Wolken, doch auf dem Plan stand eine Wanderung. Über Felder und durch Wälder, über Stock und über Stein, durch Regen und durch Sonnenschein. Eigentlich war es nur eine kurze Route, aber das Wetter und unzählige Umwege machten die kurze Wanderung zu einem Erlebnis. Gespickt mit Aufgaben und Rätseln zog sich der Weg durch eine schöne Landschaft. Zwischenzeitlich war die Stimmung schlecht, alle waren nass, es war kalt und Erschöpfung setzte ein. Doch als die Sonne wieder zum Vorschein kam und das Ziel in Sicht war, wurde die Stimmung wieder besser. Am Ziel stand der Grill, und die Würstchen waren bereits fertig.
Der letzte Tag, der Montag, war geprägt vom Packen. Die Zelte mussten gesäubert und abgebaut werden, der Anhänger und die Autos wurden beladen und alle waren zur Abfahrt bereit. Zum Glück brauchten wir dieses Mal nicht so lange wie auf der Hinfahrt. Die Rückfahrt war angenehm und ruhig, ein Großteil der Kinder schlief, ein gutes Zeichen. Gegen 15 Uhr waren wir zurück in der Heimat. Nachdem die Autos und der Anhänger ausgeladen waren, mussten wir Fahrer nur noch tanken und die Bullis abgeben. Nun konnten auch wir Leiter langsam abschalten.
Tobias Urban