Alle Fotos in diesem Beitrag: Achim Pohl, Bistum Essen
Bei einer Podiumsdiskussion zum geplanten Krankenhaus-Neubau in Essen-Altenessen blieben die Gesprächspartner sachlich, auch wenn viele Positionen kaum vereinbar scheinen.
Zum Einstieg stellte Contilia-Geschäftsführer Dr. Dirk Albrecht das Krankenhaus-Projekt als Teil des Konzepts der künftigen Gesundheitsversorgung für den gesamten Essener Norden vor: Ab 2025 soll das neue Krankenhaus mit dann 725 Betten für die stationäre Versorgung im gesamten Essener Norden bereit stehen, während an den beiden anderen Standorten Philippus in Essen-Borbeck und St. Vincenz im Stadtteil Stoppenberg so genannte Gesundheits-Quartiere entstehen, die ein breites Behandlungs- und Therapiespektrum anbieten und für stationäre Behandlungen auf das Altenessener Leistungsspektrum zurückgreifen. Gerade in Nordrhein-Westfalen gebe es „nur ganz, ganz selten die Gelegenheit, ein Krankenhaus völlig neu planen zu können“, so Albrecht. Ziel sei es dabei, den Behandlungsprozess für die Patienten möglichst optimal und angenehm zu gestalten, „daran müssen sich dann die Mauern des Krankenhauses orientieren“. Albrecht stellte dar, dass im Erdgeschoss der Klinik alle Funktionen angesiedelt werden, „die uns zu klären helfen, welche Probleme die Menschen haben, die zu uns kommen“. Durch diese Anordnung ergebe sich eine Grundfläche der Klinik von 28.500 Quadratmeter – und die sei in Altenessen nur unter Einbeziehung der Kirche zu erzielen.
Initiative „Rettet St. Johann“ will Kirche um jeden Preis erhalten
Der Altenessener Architekt Heinrich Böll regte auf dem Podium an, das Parkhaus aus dem Krankenhaus-Komplex zu trennen und an der Johanniskirchstraße, Ecke Wolbeckstraße zu bauen. Die Menschen „können doch mal 500 Meter laufen“, so Böll. Alternativ solle man prüfen, das Altenheim hinter dem Krankenhaus abzureißen und zu verlagern, um so Platz zu schaffen, damit die Kirche erhalten werden kann. Albrecht entgegnete, dass er nicht „ein Altenheim, dass uns nicht gehört, und in dem viele alte Menschen leben, abreißen kann“. Und das Parkhaus sei integraler Bestandteil einer modernen Klinik. Gerade den oft älteren Patienten oder Besuchern sei es nicht zumutbar, bei Wind und Wetter und womöglich mit einem Rollator solche Entfernungen zurücklegen zu müssen. Zudem sei auf dem Kirchengrundstück die Anfahrt für Rettungs- und Notarztwagen geplant, führte der Contilia-Chef als weiteres Argument dafür an, dass die Kirche nicht erhalten werden könne.
Dompropst Thomas Zander, seit dem vergangenen Sommer Administrator der Pfarrei St. Johann Baptist, hob hervor, dass die Entscheidung des Kirchenvorstands für einen möglichen Kirchen-Abriss „alles andere als eine leichte Entscheidung“ gewesen sei. „Für den Kirchenvorstand und für mich war wesentlich, dass mit der Aufgabe der Kirche nicht alles aus ist, sondern etwas Neues entsteht – nicht nur ein katholisches Krankenhaus, sondern auch eine neue Kirche.“ Zander gestand indes ein, dass die mangelnde Information über das Krankenhaus-Projekt im vergangenen Sommer und Herbst „ein echtes Problem“ sei. „Als es möglich war, haben wir informiert – aber mir ist bewusst, dass das für viele sehr spät war.“
Als Vertreter der Abriss-Gegner warb Gerd Urban dafür „weiter über Alternativen zum Kirchenabriss“ zu reden. Zudem verwies er auf die eingeschlagenen juristischen Schritte der Initiative, die weiter fortgesetzt würden, „um eine Möglichkeit zu schaffen, das Ganze noch zu stoppen“. Neben den kirchenrechtlichen Schritten, die derzeit beim Bistum Essen geprüft werden, kündigte Urban an, auch gegen die Baugenehmigung vorgehen zu wollen, „selbst wenn dies nur einen temporären Erfolg bringt“.
Gemeindemitglied Christina Sieweke, die sich ebenfalls in der Initiative engagiert, beschrieb das aktive Gemeindeleben in St. Johann Baptist – und die große Sorge, dass dies ohne die vertraute Kirche zerstört würde. Sie äußerte den Eindruck, dass die meisten Menschen ein katholisches Krankenhaus nicht als Ort der Kirche, sondern als medizinische Einrichtung wahrnämen. Dennoch wolle sich die Gemeinde im geplanten neuen Krankenhaus engagieren und die Seelsorge unterstützen – Prämisse dafür sei jedoch, dass die Kirche St. Johann Baptist erhalten bleibe.
Pfeffer: „Es geht darum, eine neue Kirche zu schaffen – wo haben wir das in unserem Bistum sonst noch?“
Als Generalvikar habe er „eine Perspektive, die weiter reicht als ein Gemeindekirchturm“, sagte Klaus Pfeffer auf dem Podium. Es gehe für ihn auch darum, „dass wir in den kommenden Jahrzehnten auch weiter mit katholischen Krankenhäusern in unserer Region präsent sind. Das stand in Altenessen auf dem Spiel.“ Pfeffer warb dafür, Gemeinde und Krankenhaus nicht gegeneinander auszuspielen: „Ein Krankenhaus ist für unsere Kirche ein genauso wichtiger Ort wie eine Gemeinde.“ Bei dem Altenessener Projekt „überzeugt mich, dass es nicht einfach darum geht, eine Kirche zu schließen, sondern eine neue Kirche zu schaffen – wo haben wir das in unserem Bistum sonst noch?“ Bei der Kirche im neuen Krankenhaus werde es „vor allem darum gehen nicht nur uns, sondern den nachfolgenden Generationen spirituelle Impulse zu ermöglichen“. Wie das gehen könne zeige – in einem deutlich kleineren Rahmen – die Kapelle im neuen Mutterhaus der Elisabethschwestern. Niemand habe ein Interesse daran, das katholische Leben in Altenessen zu zerstören, vielmehr sehe er „die Perspektive, dass wir hier katholisches Leben für die Zukunft sichern“.
Thomas Rünker