Nach der Traum-Nacht des letzten Jahres gab es in diesem (dem elften) Jahr, genauer gesagt am 15. November, die Orgel-Spuk-Nacht.
Aber was bedeutet Spuk eigentlich. Der Begriff kommt vom niederdeutschen Spök, das eigentlich nichts anderes als „Gespenst“ bedeutet. Laut Wikipedia ist Spuk eine Bezeichnung für nicht offensichtlich wissenschaftlich erklärbare, unheimliche Erscheinungen. So etwas gibt es natürlich nicht wirklich, alles blanker Unsinn! Wir alle wissen genau und absolut sicher, dass es definitiv keinen Spuk gibt! Und die unerklärlichen Dinge, die uns allen im Laufe des Lebens schon begegnet sind, die benennen wir einfach gar nicht, die sind uns nur unheimlich.
Solche unheimlichen Vorfälle und Erscheinungen, zusammen mit ebenso unheimlichen Wesen wie z.B. Zauberern, Feen, Hexen und Geistern, sind seit Jahrhunderten Inhalt von Märchen und Erzählungen, von Gedichten und Romanen. Aus dieser reichen Auswahl hatten die Verantwortlichen drei Texte ausgesucht, die über einen Zeitraum von knapp 300 Jahren entstanden sind.
Schon am Vortabend und am Freitagvormittag war ein Team von Technikern und Dekorateuren in der Kirche tätig. Sie installierten wieder insgesamt vier Computer, acht LED-Beamer (zwei davon für Hinterwandprojektion), einen Laser-Beamer, zwei Kameras, zwei Großleinwände und einen Regie-Mixer, sie statteten den Platz für die Vorleserin und die beiden Vorleser sowie die Altarstufen passend zum Thema des Abends aus, bereiteten die Beleuchtung vor und bauten die Imbiss-Stationen auf. Dank der verwendeten Technik, kann das Publikum die Organisten während der ganzen Nacht auf einer Großbildleinwand verfolgen.
Alle Fotos dieses Beitrages wurden uns freundlicherweise von Herrn André Kraß zur Verfügung gestellt.
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Ein kurzer Einblick in die Vorbereitung:
Während im Regieraum noch letzte Abstimmungen zwischen den Akteuren des Abends stattfinden, beginnt sich pünktlich um 18:30 Uhr unsere stimmungsvoll ausgeleuchtete Pfarrkirche mit etwa 150 Besucher zu füllen, die sich auf spukhafte Texte, auf dazu passende Orgel-Improvisationen und auf ausgesuchte Bilder freuen:
Punktlich um sieben Uhr begrüßt Simone Hirsch-Bicker die BesucherInnen und zusammen mit Helmut Fleer führt sie in den Abend ein und stellt die Organisten und RezitatorInnen vor. (Nähere Angaben zu den Ausführenden finden Sie in diesem Bericht zur Vorankündigung.)
Unter dem Oberbegriff „Spuk im Orient“ startet der Abend mit einem Märchen von Wilhelm Hauff (1802 bis 1827). „Die Geschichte vom Gespensterschiff“ aus seiner Sammlung „Die Karawane“ ist voller spukhafter Erscheinungen und Begegnungen und gibt so den richtigen Einstieg. Bei den dazu gezeigten Bildern handelt es sich um Buchtitelseiten und -illustrationen sowie um die Umsetzungen künstlerischer Ideen zum Thema Gespensterschiff. Und weil große Teile der Geschichte auf dem Meer spielen, wird die Kirche mit Bildern von Wasser und Wellen ausgeleuchtet.
Martin Neuhaus liest die Geschichte überzeugend und einfühlsam und gibt dem Spukhaften durch die Dynamik seines Vortrages den richtigen Raum. An der Orgel untermalt und kommentiert Alexander Grün diese Erzählung und erzeugt wunderbare Klangteppiche, die die Bewegung der Wellen, den Sturm, den Lärm der Kämpfe, aber auch die Stille der ruhigen Momente hörbar machen. Großer Applaus am Ende zeigt, dass der Abend einen guten Anfang genommen und die Erwartungen des Publikums nicht nur erfüllt, sondern übertroffen hat.
Im zweiten Durchgang kommen Daniel Fleer als Vorleser und Maximilian Berzon an der Orgel zum Einsatz. „Spuk im 20. Jahrhundert“ lautet die Überschrift, und zu hören ist die Geschichte „Die obere Koje“, geschrieben im Jahr 1900 von dem US-amerikanischen Schriftsteller Francis Marion Crawford (1854-1909), einem begnadeten Erzähler, der in seinem Leben ganz schön in der Welt herumgekommen ist.
Die passenden Bilder stammen aus einem Comic-Video, dass drei Studentinnen (Denise Herkrath, Anna Münch und Laura Schmidbauer) im Rahmen eines Uni Projektes vor 12 Jahren zu einer gekürzten Fassung dieser Story gezeichnet haben. An den Wänden und Decken läuft ein „spookiger“ Film, der die Kirche in ein lebhaftes Farbenmeer taucht.
Daniel Fleer liest diese unheimlichee Gespenster-Story mit dem nötigen Engagement, und für Maximilian Berzon reichen die 2363 Orgelpfeifen, über die unsere Orgel verfügt, nicht aus, weshalb er noch eine weitere Pfeife mitgebracht hat, die er mit dem Mund zum Heulen und Jaulen bringt. Auch hier wieder: Großer Applaus am Ende – was will man mehr!
„Spuk im Feenland“ heißt der letzte Teil des Abends. Die Figur der Fee stammt aus der französischen Literatur, und so hören wir eine Erzählung von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont (1711-1780), einer französischen Autorin von Romanen und zahlreichen Märchen. Ihr Märchen „La Belle et la Bête“ („Die Schöne und das Tier“) verbreitete sich in vielen Bearbeitungen und Übersetzungen schnell in ganz Europa, und besonders die Verfilmungen durch die Walt-Disney Studios machten es ungeheuer populär. Zugegebenermaßen spielt die Fee in dem Märchen nur eine Nebenrolle, aber ohne ihren Spuk würde es halt nicht funktionieren. Bei den gezeigten Bilddern handelt es sich um Gemälde oder Standbilder der Disneyfiguren, von den Wänden und Decken schauen unterschiedlichste Feengestalten ins Publikum.
Christopher Chytrek erzeugt Klänge auf der Orgel, die dem Publikum den Zauber der Geschichte hörbar machen, während Stefanie Hilgert, wie in Jahren zuvor, mit ihrem Vortrag begeistert.
Lang anhaltender Applaus belohnt alle Akteure des Abends und ruft sie noch einmal nach vorne. (Alexander Grün, der noch eine dreistündige Autofahrt vor sich hatte, ist da schon auf dem Heimweg.) Simone Hirsch-Bicker und Helmut Fleer bedanken sich bei allen Mitwirkenden, besonders aber auch beim Publikum, für diese tolle Orgel-Spuk-Nacht und laden fürs nächste Jahr zur „Orgel-Song-Nacht“ ein, die am 21. November 2025 stattfinden wird.