Samstag, 21. Dezember 2024
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Entfaltung der Seelsorge (1899-1930)

Vereine – von Anfang an dabei

Die Geschichte unserer Pfarre ist von Beginn an von den Vereinen und Organisationen mitgeprägt worden. Zur Zeit der jungen Gemeinde war zwar noch keine Rede vom Laienapostolat im heutigen Sinne, jedoch betrachteten die Geistlichen jener Tage die Vereine als ein hervorragendes Instrument der Seelsorge an der Gesellschaft, als ein probates Mittel, Bildungsarbeit zu leisten und karitative Aufgaben zu übernehmen. Natürlich war das damals nur so zu verstehen, dass die Leitung der Vereine und Kongregationen im Namen bischöflicher Autorität den Geistlichen übertragen war. „Präses“ im Sinne von „Erster Vorsitzender“ war der Pfarrer oder sein Stellvertreter. Man kann sich vorstellen, dass ein gut Teil der Seelsorgsarbeit in der Betreuung der Vereine aufging.

Machen wir uns ein kurzes Bild von den Vereinsgründungen der „Frühzeit“:

1888   01. Januar     
1899   05. Februar    
1899   26. März      
1899   19. Mai          
1900   26. Mai          
1900   20. Dezember
1904   15. Juli          
1904   01. Oktober  
1905   19. November
1907   20. November
1911   30. April         
St. Leo-Kirchbauverein
Kirchenchor Cäcilia
Elisabeth-Verein
Vinzenz-Konferenz
Männerkongregation
Borromäusverein
Jünglingskongregation
Paramentenverein
Jungfrauenkongregation
Arbeiterverein
Euchar. Ehrengarde

Auf den ersten Blick fällt auf, dass es eine Jugendorganisation namentlich noch nicht gab. Tatsächlich aber wurde die „Jugendarbeit“ der damaligen Zeit über die Jünglings- sowie die Jungfrauenkongregation geleistet. Die Jünglinge waren im „Katholischen Jungmännerverband“ organisiert, der seit 1913 von einem Jugendseelsorger als Generalpräses geleitet wurde. Der „Zentralverband der katholischen Jungfrauenvereinigung Deutschlands“ wurde erst 1915 gegründet. Sehr früh wurden zwei Vereinigungen mit vornehmlich karitativen Zielsetzungen ins Leben gerufen. Da ist zunächst der ElisabethVerein, dessen erstes Anliegen getreu dem Vorbild der großen Heiligen die tätige Nächstenliebe war. Religiöse Erziehungs- und Bildungsaufgaben kamen hinzu, dies mit der Absicht, katholische Grundsätze über Ehe und Familie ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Der Elisabeth-Verein ist eine der Urzellen für die Caritasbewegung geworden. Daneben entstand zwei Monate später das männliche Parallelstück, die Vinzenzkonferenz, die sich insbesondere der sozial Schwachen und Bedürftigen annahm. Nach Aussagen einiger älterer Zeitgenossen unserer Gemeinde haben die Mitglieder dieser Vereinigung sehr hilfreich im Stillen gewirkt, und manche bedauern es, dass es diese Organisation nicht mehr gibt. Der Arbeiterverein hat es besonders in seinen Anfängen nicht leicht gehabt. Wenn auch der damalige Kaplan Cordewener ein engagierter Geistlicher für die katholische Arbeiterbewegung war, so war doch der Konflikt unübersehbar, der sich in der Frage zuspitzte, ob der religiöse Charakter und der Charakter einer logischerweise kämpferischen Bewegung vereinbar waren. Noch galt das Wort des Papstes Leo XIII., wonach das oberste Anliegen der Arbeitervereine die Pflege der Frömmigkeit sein müsse. Das Wort „Gewerkschaft“ blieb bei der im bürgerlichen Milieu verharrenden Amtskirche wie auch bei vielen Glaubensgenossen verpönt, was die Arbeit unserer „Kämpfer“ vor Ort keineswegs erleichterte. Dennoch bleibt unbestritten, dass die katholische Arbeiterbewegung in Schonnebeck dazu beitrug, der Entchristlichung und sozialen Radikalisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Schon sieben Jahre vor Gründung des Arbeitervereins hatten sich die Männer der Gemeinde zur Männerkongregation zusammengeschlossen. Ihr Ziel war, die Anhänglichkeit an die katholische Kirche zu festigen und die treue Erfüllung der Standespflichten zu fördern. Damit war ein Weg vorgezeichnet, der auf der Basis des festen Glaubens ebenfalls die Gesellschaft der damaligen Zeit – Industrialisierung mit ihren sozialen und wirtschaftlichen Problemen – durchdringen sollte. Daher kam es im Laufe der Jahre vielfach zu Überschneidungen der Aufgaben des Arbeitervereins und der Männerkongregation. Dieses Nebeneinander wurde erst 1946 beendet, als sich beide Vereine zu einem Arbeiter- und Männerverein vereinigten. („Die Kongregation bleibt darin eine besondere Gruppe“, Chronik 1946)

Der Kirchenchor lag von Beginn an im Spannungsfeld Liturgie – Kirchenmusik. Damals wurde der Kampf um den „richtigen“ katholischen Kirchengesang als eines der wichtigsten Schlachtfelder in der Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist betrachtet. In einer sich wandelnden Liturgie die Auswahl an qualitativ guten Vokal- und Instrumentalwerken zu treffen, die auch das Ohr und das Herz des Zuhörenden erreichen, ist bis heute eine der Hauptaufgaben des Kirchenchores geblieben. Im Zuge der eucharistischen Kongresse, die um 1900 als öffentliche Manifestationen für alle Arten der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments und von Papst Pius X. zur Förderung des häufigen Kommunionempfangs gedacht waren, ließen sich auch in Schonnebeck Männer von dieser Idee begeistern. Sie waren bereit, den Dienst als Ehrengardisten für die Pfarre zu übernehmen.

Der Zulauf zu den Vereinen war nach heutigen Maßstäben riesig. Abgesehen von einem sicher vorherrschenden „Gründergeist“ in der jungen Gemeinde, waren der Wunsch nach Geselligkeit, der Austausch von Gedanken beim „Bierchen“ mit Gleichgesinnten, der Drang, mal aus den „eigenen vier Wänden“ herauszukommen, eine starke Triebfeder, sich regelmäßig an Wochen- und/oder Sonntagen zusammenzufinden. Und: Radio oder Fernsehen gab es damals noch nicht!

Die Heilige Messe – das Messopfer

Der Besuch des Sonntagsgottesdienstes in den ersten drei Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts lässt sich leider nur annähernd bestimmen. Aufzeichnungen darüber gab es damals noch nicht. Für die Jahre 1900, 1906, 1913, 1921, 1922, 1923, 1928 und 1929 aber wurden Zahlen für die Osterkommunion festgehalten. Diese Angaben repräsentieren sicher nicht in voller Höhe die Größenordnung der regelmäßigen Kirchenbesucher, hier müssen einige Abstriche gemacht werden, zumal die Zählung sich bis zum Ende der österlichen Zeit hinzog. Vorbehaltlich dieser Einschränkungen lässt sich, bezogen auf den katholischen Bevölkerungsanteil Schonnebecks, eine Besucherquote der Sonntagskirchgänger zwischen 45 und 48% errechnen.

Das Messopfer wurde hier wie überall in den deutschsprachigen Ländern in einer Form gefeiert, die den heutigen Kirchenbesucher fremdartig anmutete, falls er Gelegenheit hätte, dies noch einmal mitzuerleben. Kirchensprache war Latein. Grundlage für den liturgischen Altardienst war das „Missale“ nach römischem Vorbild, d.h., Priester und Ministranten (Messdiener, stellvertretend für das Volk) beteten mal lauter, mal leise, mal flüsternd die Teile der Messe, angefangen vom Staffel- oder Stufengebet bis zum Schlussevangelium und den Danksagungen am Ende der Feier in Latein. Messdiener aus den 50er Jahren können heute noch fließend das „Confiteor“ beim Stufengebet oder das „Suscipiat Dominus sacrificium…“ als Schlussgebet zur Opferung „herunterrasseln“. Die Gemeinde, das „Volk“, war überwiegend „still“ beteiligt. Als Hilfsmittel standen den Gläubigen Gebet- und Gesangbücher zur Verfügung, die in deutscher Sprache Texte zu den einzelnen Teilen der Messe enthielten, zumeist in Form der sogenannten Kommunionmessen oder -andachten. Hinzu kam eine Fülle von sakramentalen Andachtsgebeten sowie der Rosenkranz, die allesamt während der Messfeier still vollzogen werden konnten. Die Teilnahme der Gläubigen war auf Vorbereitung und Dank zur Kommunion ausgerichtet, ein isoliertes Kommunionverständnis also, würde man heute sagen. Die Herauslösung dieser Gebete aus dem Messgeschehen am Altar war noch bis in die 50er Jahre hinein Gepflogenheit in der Kirche.

Ganz so still, wie nach dem Gesagten der Eindruck entstehen könnte, ist es in Schonnebeck wohl nicht zugegangen. Noch zur Zeit der Notkirche wurde bereits im Jahre 1899 eine gebrauchte Orgel aus Katernberg beschafft, woraus man schließen kann, dass die Gemeinde in den Gottesdiensten, soweit es sich nicht um die auch so genannten stillen Messen handelte, regelmäßig gesungen hat. Dazu gab es in den Gesangbüchern viele Lieder, sogar mehrere „Singmessen“, von denen die Gemeinde sicher regen Gebrauch machte. Weiterhin gab es den Kirchenchor, der an fast jedem Sonntag im Hochamt sang. Für das Hochamt galt die strenge Form des römischen Missale. Eine entsprechende Übersetzung der feststehenden Messteile (Ordinarium) sowie der wechselnden im Jahresablauf (Proprium) gab es nur in dem von Anselm Schott 1884 erstmals herausgegebenen „Meßbuch der Heiligen Kirche“. Das besaßen damals nur wenige. Im Verlauf der Zeit kam dazu, dass der Chor im Hochamt – zunehmend in den 20er Jahren – den gesanglichen Part beim Ordinarium (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei) sowie später auch beim Proprium komplett übernahm. Die Gemeinde hörte zu, was keinesfalls bedeutete, dass sie nicht „beteiligt“ war.

Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur stärkeren Anteilnahme der Gläubigen an der eigentlichen Opferhandlung war die Herausgabe des Gebet- und Gesangbuches des Erzbistums Köln im Jahre 1930. Viele neue Messtexte, vor allem die aus den Hochfestkreisen, wurden dort vermehrt aufgenommen, das Wechselgebet zwischen Vorbeter und Gemeinde wurde bevorzugt und empfohlen, so dass die liturgischen Gebete am Altar in den meisten Fällen in vollem Einklang mit den ausgedruckten Messtexten standen. Der Kanon, die Gebete zur Wandlung und der Konsekration bis zum „Vater unser“ wurden weiterhin still vom Priester in Latein gesprochen.

Rückseite der Kirche St. Elisabeth

Der Priester zelebrierte mit dem Rücken zum Volk, dem Altar zugewandt. Die Sitzordnung im Kirchenraum, Frauen auf der linken, Männer auf der rechten Seite, die Kinder in den (kleinen) Kinderbänken, wurde streng eingehalten. Über Ruhe und Ordnung vor, während und nach der Messfeier wachte ein sogenannter Kirchenschweizer, der in einem langen roten Chorgewand und einer brokatverzierten schweren Kopfbedeckung sowie mit einem großen Stab in der Hand im Kirchenraum einherschritt. Der Kommunikant bekam die Hostie, an der Kommunionbank knieend, in den Mund auf die Zunge gelegt (Mundkommunion). Der Empfang der Kommunion der meisten Gläubigen beschränkte sich überwiegend auf die österliche Zeit, da das strenge Erfordernis, bei schweren und „Todsünden“ in jedem Falle vorher beichten gehen zu müssen, um in den Stand der „heiligmachenden“ Gnade zu gelangen, wohl gläubig und ernst aufgenommen wurde. Für diejenigen, die sich nicht für würdig hielten, den Leib des Herrn zu empfangen, gab es die Möglichkeit der „geistigen“ Kommunion. Zur Erklärung nur so viel: Es gab damals wohl das allgemeine Bewusstsein, dass derjenige, der ohne Kommunion an dem Opfermahl teilnimmt, auf keinen Fall ausgeschlossen ist von der erlösenden Kraft des Opfers Christi, so er natürlich die Messe in der rechten Absicht mitfeiert. Er war vor allem auch in den Augen der Mitfeiernden kein Abgeschiedener, kein Sonderling, sondern einer, der wie alle anderen zur Gemeinschaft gehört.

Der Gedanke des häufigeren Kommunionempfangs wurde unter dem Pontifikat Pius X. (1903 bis 1914) engagiert aufgegriffen und verbreitet. Zur Umsetzung in die Praxis bedurfte es allerdings noch einige Zeit. Erste Ansätze dazu gab es bei uns schon recht früh, wie die Chronik an einigen Stellen erkennen lässt. Zunächst wurden die Kinder dazu angehalten, alle vier Wochen zur Beichte und zur Kommunion zu gehen. Nach und nach griff dieser „Vierwochen-Rhythmus“ auf die Vereine über. Außerdem nahm der erste Pfarrer Becher besondere Jubiläen der Kirche, Päpste, Heilige, aber auch eigene wie Priesterjubiläen, Pfarrjubiläen zum Anlass, eine „Generalkommunion“ für die gesamte Gemeinde abzuhalten, natürlich verbunden mit einer Generalbeichte. Zahlenangaben sind leider nicht vorhanden, wohl aber die häufige Anmerkung „sehr gute Beteiligung“.

Reizwort „Christenlehre“

Religions- und Beichtunterricht nahmen einen breiten Raum in der pastoralen Arbeit ein. Die Schulkinder waren neben der Sonntagsmesse und zwei Schulmessen in der Woche zum Besuch der Christenlehre am Sonntagnachmittag um 15.00 Uhr verpflichtet. Das führte in zunehmendem Maße zu Konflikten mit den Schülern, die just um die gleiche Zeit das Fußballspiel der Spielvereinigung Schonnebeck sehen wollten oder selbst spielen mussten. Wie die Älteren erzählen, wurde mit allen Tricks versucht, sich beim Aufrufen der einzelnen Namen in der Kirche durch andere vertreten zu lassen und so der Christenlehre fernzubleiben. Der den Älteren noch bekannte Kaplan Flatten, selbst ein Fußballanhänger, machte es im Gegensatz zu Pfarrer Becher immer auffallend kurz mit der Christenlehre. Er hat übrigens eine DJK-Abteilung aufgemacht, die sich aber wegen des Übergewichts des Spielvereins auf Dauer nicht halten konnte.

Andachtswesen

Hohe Akzeptanz erlangte das Andachtswesen. Andachten zu den verschiedensten Anlässen des Kirchenjahres, zu Heiligen, zum allerheiligsten Altarssakrament, u.a., fanden sonntags oder in der Fastenzeit und zu anderen Gelegenheiten auch werktags immer am späten Nachmittag statt. Bei der allgemein und ringsum aufblühenden Marienverehrung zu Anfang des 20sten Jahr-hunderts wurden die dazu eingerichteten Maiandachten sowie die Rosenkranzandachten im Monat Oktober in Schonnebeck sehr gut aufgenommen. Am 20. Mai 1909 wurde in unserer Kirche der neue Marienaltar eingeweiht. Eine Besonderheit bildete die „Salve-Andacht“ samstagabends, ein kurzer Gottesdienst zu Ehren der Gottesmutter (Salve Regina…) für alle Meßdiener, die nach der Andacht ihren Dienstplan für die kommende Woche erhielten.

Wallfahrten

Ebenfalls sehr beliebt waren die Wallfahrten, die nach der ersten Wallfahrt im August 1903 ab Juli 1904 regelmäßig auf den 3. Sonntag im Juli für alle kommenden Jahre festgelegt wurden. In all den Jahren ging es von Schonnebeck zu Fuß nach Steele, von da aus mit der „Eisenbahn“ nach Neviges. Jahrzehntelang lag die Beteiligung immer zwischen 380 bis 400 Personen. Unseren älteren Messdienern kamen die Prozessionen nach Steele, dann in Neviges fast wie Bußgänge vor, denn sie hatten die zum Teil schweren Fahnen zu tragen.

Fronleichnam

Von den aus dem 19. Jahrhundert überkommenen Frömmigkeitsformen hatte die Anbetung und Verehrung des Altarssakramentes in der breiten Schicht des Volkes einen wichtigen Platz eingenommen. Diese Praxis fand ihren höchsten Ausdruck in den Fronleichnamsprozessionen. Bis zum Jahre 1903 hatten sich die Katholiken Schonnebecks der Prozession in Stoppenberg angeschlossen. Die erste Fronleichnamsprozession in Schonnebeck zog am 2. Juni 1904 durch die Straßen; durch welche, wissen wir heute nicht. Immerhin muss der Weg nicht gerade kurz gewesen sein, denn die von damals erhaltenen Liedzettel und Notenvorlagen für den Chor weisen vier Segensstationen aus, und in der Chronik wird eine über zwei Stunden dauernde Zeit bis zur Kirche angegeben. Nach mündlicher Überlieferung „marschierten“ viele, überwiegend die Männer, nach Beendigung der Prozession unter den Klängen der Blasmusik zu Mölken (später Timpe, heute Medaillon), um sich an erfrischenden Getränken zu laben. Am frühen Nachmittag trafen sich die Familien mit ihren Kindern zum fröhlichen Beisammensein in dem seinerzeit noch vorhandenen Biergarten.

Trotz vieler Zweifel von Seiten einiger Theologen, trotz häufig schwankender Teilnehmerzahlen, trotz widriger Umstände in den Kriegsjahren des Zweiten Weltkriegs hat sich die Tradition der Fronleichnamsprozession in Schonnebeck gehalten, ja, sie ist auf dem besten Wege, wieder neu entdeckt zu werden, sogar als notwendiger denn je erkannt zu werden.

Missionen und Exerzitien

Große Bedeutung erlangten die Gemeindemissionen und die Exerzitienbewegung, die der Glaubensvertiefung und der Gewissensbildung im christlichen Geist dienten. Die erste Mission wurde hier im Jahre 1913, getrennt für die Einheimischen im Mai, für Polen im September, gehalten. Weitere Missionen fanden 1915 für Frauen und Jungfrauen, 1919 für Polen und Einheimische sowie 1927 für die gesamte Gemeinde statt. Geleitet wurden diese Veranstaltungen von Franziskanerpatres. Sie müssen wohl mit besonderen Geistesgaben und rhetorischen Fähigkeiten ausgestattet gewesen sein, denn in der Chronik lesen wir von einer sehr guten und starken Beteiligung der Schonnebecker zu diesen Anlässen. Die Exerzitien fanden Eingang und Verbreitung über die Vereine und Gruppierungen. Im ersten Jahrzehnt von Jesuiten geleitet – hatte doch Ignatius von Loyola diese Art der Vertiefung christlichen Lebens durch „heilige Übungen“ begründet – kamen 1903 die Jünglinge, 1905 die Jungfrauen, 1908 die Männer und Jünglinge zu den in der Regel eine Woche dauernden geistigen Unterweisungen zusammen. Diese Beispiele machten Schule. Neben den bereits genannten Frauen und Männern machten es sich der Kirchenchor, der Männerverein, die Ehrengarde zur Pflicht, im Abstand von einem bis zwei Jahren „ihre Exerzitien“ zu halten.

In den 20er Jahren stieg die Zahl der Teilnehmer an den Exerzitien noch einmal sprunghaft an. 1931 lesen wir in der Chronik: „Religiöse Woche für Männer und Jünglinge, Pater Jacobus, OFM“. Das deutet schon die – in der Jugendpastoral entwickelte – Form der Einübung ins geistliche Leben an, die der Mentalität von Jugendlichen und Schülern angepasst war. Sie führt später zu den religiösen Besinnungstagen, Einkehrtagen, Freizeiten, die nicht mehr dem strengen jesuitischen Vorbild entsprachen, aber ebenfalls wie die Exerzitien regen Zulauf hatten.

Firmung

Höhepunkte kirchlichen Lebens waren die Tage, an denen ein Bischof die Gemeinde besuchte, um die Firmung zu spenden. Ein besonderes Ereignis muss wohl der erste Besuch eines Bischofs – es war Kardinal (!) Fischer aus Köln – in Schonnebeck am 16. Oktober 1907 gewesen sein. Die Firmungsfeier fand zwar in Stoppenberg statt, aber zunächst hielt der Kardinal „Visitation“ hier in Schonnebeck, d.h., Durchsicht der Kirchenbücher, Gespräch mit dem Kirchenvorstand und Anderen.

Lesen wir weiter in der Chronik: „Besuch des Herrn Cardinals Fischer und Empfang bei Winkelhofer (heute: Zur Post, Ecke Ophoff-Huestraße). Katechese, Visitation, Abendessen. Illumination der Kerzen. Wagen-zug mit Fackeln nach Stoppenberg, ca. 10 Wagen und 10 Reiter. Cardinal Fischer zum Ab-schluß des Tages: ‘Es war alles sehr schön.'“

Die erste Firmung in der neuen Schonnebecker Kirche war am 22. Oktober 1912, die zweite am 11. Oktober 1914. Von da an wurde im Abstand von fünf Jahren 1919, 1924, 1929, 1934 die Firmung gespendet.

Franziskanerinnen in Schonnebeck

Zur Unterstützung und Verstärkung der Karitas, der Armen- und Krankenpflege, hatten wir im Jahre 1908 das Glück, dass Franziskanerinnen aus dem Mutterhaus Olpe am 8. Juni eine Schwesternniederlassung in Schonnebeck gründeten. In der Zeit, da es noch keine mit heute vergleichbare Sozialgesetzgebung gab und die Lösung sozialer Probleme durchweg der christlichen Nächstenliebe überlassen blieb, war der Einsatz der karitativ tätigen Schwestern besonders wichtig. Aus dieser Kongregation rekrutierten sich auch die Schwestern, die noch im gleichen Jahre sich der Kleinsten annahmen und in der Heinrichstraße (heute Hausdykerfeld) die erste, etwas später in der Saatbruchstraße die zweite „Kinderbewahrschule“ aufmachten. Die offizielle Bestätigung durch die staatliche Behörde erfolgte erst am 1. Juni 1910.

Schwester Clementinis (1931)

Bis zur Aufgabe der Station am 30. September 1962 haben sie einen segensreichen und nachhaltigen Dienst in unserer Gemeinde geleistet. Pflege der Armen und Kranken, Betreuung der Mütter (Nähkurse), Kinderseelsorge im Zweiten Weltkrieg, Pflege von liturgischen Gewändern zusammen mit dem Paramentenverein, Kindergartenarbeit; so lassen sich mit dürren Worten nur die wesentlichen Wirkfelder ihres Dienstes umschreiben. Vielen ist heute noch die Schwester in liebenswerter Erinnerung, die ab 1931 den neu erbauten Kindergarten an der heutigen Stelle „Auf dem Stapel“ übernahm und zur Legende der Schonnebecker geworden ist: Schwester Clementinis.

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